Gegenseitige Vertretung im Ausnahmefall in der GTP
Wir haben an das Jugendamt folgenden Sachverhalt gesendet mit der Bitte im Bezug auf § 22 Abs. 1 S. 3 SGB Vlll Stellung zu nehmen.
Sachverhalt: Eine Tagespflegeperson wird angerufen, dass sich ihr eigenes Kind in der Schule verletzt hat und abgeholt werden muss. Die Eltern der Kinder dieser Tagespflegeperson werden informiert, ihr Kind so schnell wie möglich abzuholen. Die andere Tagespflege betreut bis zum Erscheinen der Eltern bis zu 9 Kinder.
Antwort: Ihr geschilderter Sachverhalt ist ein gutes Beispiel für einen Ausnahmefall nach § 22 Abs. 1 SGB VIII. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es:
„Im neu eingefügten Satz 4 wird als Ausnahme normiert, dass im Falle einer gemeinsamen Raumnutzung durch mehrere Kindertagespflegepersonen (Satz 3) eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund möglich ist. Kurzzeitig ist eine Vertretung dann, wenn sie maximal für die Dauer einer halben täglichen Betreuungszeit geleistet wird. Bietet beispielsweise die Kindertagespflegeperson eine ganztägige Betreuung von acht Stunden an, so ist eine Vertretung nur dann kurzzeitig, wenn sie vier Stunden bzw. einen halben Tag (Vormittag / Nachmittag) nicht überschreitet. Ein gewichtiger Grund für solch eine kurzzeitige gegenseitige Vertretung ist nur anzunehmen, wenn die Kindertagespflegeperson aus einem notwendigen Anlass die Aufsicht über die ihr vertraglich und pädagogisch zugeordneten Kinder in den gemeinsam genutzten Räumen nicht ausüben kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein medizinischer Notfall bei der Kindertagespflegeperson oder einem der ihr zugeordneten Kinder vorliegt, wenn ein Arztbesuch genau in diesem Zeitraum unvermeidbar ist oder sich ein Notfall im familiären Umfeld der Kindertagespflegeperson ereignet hat (beispielsweise auch dann, wenn ein eigenes Kind krankheitsbedingt aus der Schule abgeholt werden muss).“ (BT-Drucks. 19/28870, 21.04.2021, S. 104)
Änderungen im SGB VIII bezgl. Kindertagespflege Frau Iris Vierheller, Rechtsanwältin und Rechtsberatung im Landesverband Kindertagespflege NRW, hat die Änderungen im SGB VIII, die die Kindertagespflege betreffen, zusammengefasst.